SPD Altenburger Land

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„Flächenfraß tut jedem Landwirt weh“

Veröffentlicht am 14.09.2017 in Bundestag

SPD-Bundestagskandidatin Elisabeth Kaiser im Gespräch mit Gerd Halbauer, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Greiz-Gera e.V. und Geschäftsführer der Teichwolframsdorfer Agrar GmbH

Teichwolframsdorf. Um besser über die Landwirtschaft in ihrem Wahlkreis Gera-Greiz-Altenburger Land informiert zu sein, traf sich SPD-Bundestagskandidatin Elisabeth Kaiser mit dem Bauernverbandschef für Gera-Greiz, Gerd Halbauer, in dessen Agrar GmbH in Teichwolframsdorf (12.9.2017). Dem Bauernverband gehören aktuell 80 Betriebe vom Wiedereinrichter bis zur Agrargenossenschaft mit etwa 300 Mitgliedern an.

„Wie zutreffend sind eigentlich die verbrauchergeleiteten Vorwürfe an die konventionelle Landwirtschaft hinsichtlich Massentierhaltung oder des Einsatzes von zu viel Gülle oder Pflanzenschutzmitteln?“, wollte die SPD-Politikerin Kaiser wissen.

Gerd Halbauer, der seit 2005 seinen Betrieb mit 400 Milchkühen und rund 1.000 Hektar Ackerland leitet, weist diese Vorwürfe zurück. „Betriebe unserer Größenordnungen hier in Ostthüringen halten diesbezüglich alle Standards seitens der Europäischen Union ein.“ Die Definition, wo Massentierhaltung beginne und ende, sei umstritten und schwammig. Im Kreis gebe es gerade mal zwei Betriebe mit mehr als 1.000 Milchkühen.

Der Tierbesatz in Thüringen betrage nur knapp eine Großvieheinheit pro Hektar, im Nordwesten sei er bis zu viermal so hoch. Er plädiere für eine Beschränkung der Tierbesatzdichte.

Viele Landwirtschaftsbetriebe versorgten sich über die Biogasanlagen mit eigenem Strom. Von seiner Agrar GmbH ausgehend berichtete er, dass die 2010 errichtete Biogasanlage aus Futterresten (Maissilage) und aus 85 Prozent Gülle betrieben werde. „In einem runden Betrieb, wie es viele von hier sind – mit Viehzucht und Ackerbau – funktioniert das ausgezeichnet und hat uns über manche wirtschaftlichen Engpässe gerettet.“ Der Energievertrag laufe über 20 Jahre, die Vergütung sei lukrativer als gekaufter Strom.

Auch er sei ein Gegner großer Anlagen, wo Substrate zugekauft würden.

Beim Thema Energieerzeugung nachhakend, fragte ihn Elisabeth Kaiser zu seiner Meinung von Photovoltaikanlagen und Windkrafträdern. Gerd Halbauer war in seinen Äußerungen neben dem wirtschaftlich denkenden Landwirt auch immer die tiefe Naturverbundenheit anzumerken. So sagte er: „Mit neuen Photovoltaikanlagen sollte man nicht noch mehr Fläche versiegeln. Vielmehr sollten sie an Autobahnen oder Schutzstreifen, vor allem aber auf Dächern angelegt werden.“ Auch sei er kein Windkraftgegner an sich, doch wenn beispielsweise der Pöllwitzer Wald dadurch um einiges kleiner würde, sei er dagegen.

Weiter wollte Elisabeth Kaiser wissen, welche Vor-und Nachteile EU-Regelungen den Ostthüringer Bauern bringen.

Grundlegend habe er den Eindruck, dass Deutschland alle EU-Auflagen sehr streng und konsequenter als andere EU-Mitgliedsstaaten umsetze und daher die Landwirte unter der Fülle der Verordnungen stöhnen. Würden die landwirtschaftlichen Produkte zu ihrem tatsächlichen Herstellungspreis verkauft, so zum Beispiel der Liter Milch zu einem Euro, bräuchte es keine Subventionen. Dieses Wort verzerre die Tatsache, dass es sich um eine Ausgleichszulage zu den realen Produktionskosten handele. Elisabeth Kaiser warf ein: „Ich habe in England und Frankreich studiert und gearbeitet. Dort waren Lebensmittel um Vieles teurer als in Deutschland. Bei einem höheren Lohnniveau könnte es sich bestimmt jeder leisten, regional zu kaufen und mehr Geld für gute Lebensmittel auszugeben.“

Angesprochen auf den Milchpreis, der von historisch niedrigen 20 Cent auf jetzt 37 Cent geklettert sei, sagte Gerd Halbauer: „Wir hoffen sehr, dass sich der Milchpreis auf langem Niveau verbessert, über 2018 hinaus. Nur das gibt uns Milchbauern Planungssicherheit, ob wir weiter investieren. Leider kommen bisher die höheren Butterpreise nicht bei uns, den Produzenten an, sondern gehen über den Kreislauf der Molkereien und Einzelhandelsketten verloren.“ Als der Milchpreis 2016 seien Tiefststand erreicht hatte, hätte er dem Milchtransporter mit den täglich 9000 Litern Milch von den 300 zu melkenden Milchkühen immer noch einen symbolischen 1000-Euro-Schein als Verlust hintendran kleben können. Im Kreis seien dadurch drei Milchproduzenten zum Aufgeben gezwungen worden. Doch ein Tierbestand sei nicht einfach auszutauschen.

Viel sei schon in seiner Agrar GmbH in tierkonforme Ställe investiert worden wie in den 2013 errichteten Jungrinderstall, den er Elisabeth Kaiser stolz vorführte. Trotz der Milchkrise habe es in der Teichwolframsdorfer Agrar GmbH keine Kürzungen oder andere Einschränkungen gegeben.

Nachwuchsgewinnung beginne bei ihm schon ab der Grundschule, wenn er die Kinder zwei bis dreimal im Jahr zu Betriebsrundgängen einlade. Auch aus den Familien der Mitarbeiter, von denen jetzt viele tüchtige und erfahrene in den Ruhestand gingen, komme Nachwuchs, doch insgesamt zu wenig.

Welche Wünsche er an die Politik habe, fragte ihn abschließend die SPD-Kandidatin. Als Interessenvertreter seines Berufsstandes wünschte sich Gerd Halbauer:

„Eine vernünftige Regelung der Bioenergiegesetzgebung, die nicht von einem Extrem ins andere fällt.

Für ältere Stallanlagen soll es Bestandsschutz statt kostenintensive Umrüstung geben, bei neuen Anlagen sollten dagegen die geforderten Richtlinien beim Bau berücksichtigt werden. Zudem soll es bei investiver Förderung keine Tierobergrenzen geben. Insgesamt ist die EU-Agrarbürokratie für uns zu kontrolllastig, zu teuer und übertrieben genau.“